George Orwells düstere Visionen und die Realität

Orwell Vision 1984

George Orwells Visionen aus „1984“ sind schon Realität. –
Behörden erschaffen die offizielle „Wahrheit“

In dem Roman „1984“ beschreibt George Orwell eine 36 Jahre entfernte Zukunftsvision. Protagonist ist ein Arbeiter des „Wahrheitsministeriums“. Dieser hat die Modifikation oder Löschung unbequemer Fakten zur Aufgabe. Er zweifelt jedoch an der Richtigkeit des Systems und wird deshalb von der Gedankenpolizei verhaftet, um mittels Gehirnwäsche unter Verlust der Selbstachtung uneingeschränkt der offiziellen Meinung zu folgen.

33 Jahre nach 1984  bemühen sich „Volksparteien“ aktuell nach Kräften, die Einrichtung eines „Wahrheitsministerium“ voranzutreiben, um unliebsame Meinungen bereits im Ansatz zu ersticken. Trotzdem Artikel 5 der deutschen Verfassung gerade die Meinungsfreiheit, also ungehinderte und unzensierte Information aus allen zugänglichen Quellen, sowie die Äußerung der eigenen Meinung als eines der höchsten Güter dieses Staats gewährleistet, scheint es nunmehr hoffähig zu sein, die Gleichschaltung der freien Meinung staatlich regulieren zu wollen. Während sich ein paar Menschen über die Idee eines Wahrheitsministeriums echauffieren, ist die staatliche „Wahrheitsbildung“ längst in weiten Teilen zur Realität geworden. Nachdem die Medien überwiegend auf die Verbreitung der offiziellen Wahrheit ausgerichtet sind, läßt die Anpassung der Volksgesinnung noch zu wünschen übrig. Soeben geben ZDF und ARD die Einrichtung von „Anti-Fake-Abteilungen“ bekannt. Gerade die Überprüfung von Nachrichten und Informationen auf deren Wahrheitsgehalt gehörte schon immer konstituierend zum journalistischen Sorgfaltsgebot. Nun eine neue Abteilung dafür einzurichten ist entweder ein Armutszeugnis oder eine staatlich initiierte Propagandamaßnahme. Aber die eigentlich gefährlichen, weil staatlich noch nicht kontrollierten Orte sind das Internet und die sozialen Netzwerke. Dort floriert der Austausch und die Verbreitung von staatlich nicht freigegebenen Informationen und Meinungen. Noch.

Und was hat das mit Umweltschutz zu tun? Der Umweltschutz fällt gemeinsam mit der freien Meinung der Willkür der politischen Kaste zum Opfer:

Stolz präsentierte das Ortsamt Wandsbek am 5. Juli 2016 das Ergebnis eines öffentlich in Auftrag gegebenen geothermischen Gutachtens über ein politisch motiviertes Bauvorhabe in einem klimatisch und ökologisch bedeutsamen Gebiet (Rehagen). Natürlich fiel das Ergebnis aus, wie zu erwarten war: Bebauung unschädlich. Das eigentliche Gutachten wurde dann erst am 22. September 2016, also Monate später fertig gestellt. Daß lokale Umweltvereine die vielen evidenten fachlichen Fehler monierten war dann aber nicht mehr erheblich – das entsprach nämlich nicht der staatlich verordneten Meinung.
Auch war es im selben Fall möglich, auf Basis mindestens weiterer sechs Gutachten (vgl. Senatsdrs. 21/7471) eine Baugenehmigung zu erteilen. Allerdings wurden diese Gutachten nach Erlass des Baubescheides und Aufnahme der Bauarbeiten monatelang nicht veröffentlicht. Damit wird insbesondere der Zweck des Hamburgischen Tramsparenzgesetze ad absurdum geführt: Dieses Gesetz soll den Bürger in die Lage versetzen, Verwaltungshandeln überprüfen zu können und verpflichtet daher die Behörden, Gutachten unverzüglich („ohne schuldhaftes Zögern“) im Transparenzportal zu veröffentlichen. Mehrere Nachfragen bei den Behörden und Herrn Dr. Dressel (SPD) von Privatpersonen und Initiativen ergaben leider keine Abhilfe. Behördenseitig wurde auf eine „gewöhnlich“ spätere Veröffentlichung hingewiesen. Hat der Schlendrian System? Eine gewollte Verzögerung bis zum Erlöschen der Widerspruchsfrist gegen den Baubescheid? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Dabei werden auch vereinzelt Stimmen laut, die vermuten, daß die Gutachten noch nicht einmal existent sind oder noch an die gewünschte Wahrheit angepasst werden müssen.
Nur zum Vergleich: Das geothermische Gutachten benötigte von Fertigstellung bis Veröffentlichung im Transparenzportal am 7. Oktober 2016 gerade einmal zwei Wochen. Es geht also auch anders.

Wer noch zweifelt, dem sei ein aktuelles Zitat von Matthias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE (Bild, Welt) und Präsident des BDZV, aus einem Interview der dpa mitgegeben:

„George Orwell war harmlos dagegen. Ich habe den Eindruck, dass gerade ein paar Grundprinzipien freiheitlicher Gesellschaftsordnung mit Füßen getreten werden.“ Und weiter: „Der beste Garant für den mündigen Bürger ist die Vielfalt der Information, der Meinungen und Wahrheiten.“

Interessantes Phänomen im Roman „1984“: Die Mißstände und die Perversion des Systems sind dort eigentlich Allen klar. Ein Widerstand gegen das System kommt trotz des kollektiv vorhandenen Fehlerbewußsteins nicht zustanden. In diesem Punkt wollen wir dazu beitragen, daß Orwells Vision nicht eintrifft.

Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Vereins zur Erhaltung der Hummelsbütteler Feldmark e.V.