Wie Sie sehen, sehen Sie nichts (mehr)

bild weg DVB T2
Alexander Dobrindt sorgt für mehr als 2,1 Mio Einheiten Elektroschrott

Wer heute statt Frühstücksfernsehens von seinem Fernseher nur mit Bildrauschen oder dem Hinweis „Kein Signal“ begrüßt wurde, der gehört wahrscheinlich zu denjenigen 2,1 Mio. deutschen Haushalten, die bis gestern noch Fernsehen über DVB-T sehen konnten.
Bereits im Jahr 2014 hatte Alexander Dobrindt, damals noch „Internetminister“, dafür gesorgt, dass das terrestrische Fernsehen im Jahr 2017 auf den neuen Standard DVB-T2 umgestellt wird. Diese Umstellung ist nun vorgenommen worden. Damit werden in 2,1 Mio Haushalten vollkommen funktionsfähige DVB-T-Empfänger über Nacht durch Ministererlass zu Elektroschrott.

Dabei ist DVB-T noch ein ganz junger Standard. Die letzten Gebiete wurden erst im Jahr 2008 auf terrestrisches Digitalfernsehen umgestellt. Begonnen hatte das Ganze im Jahr 2002 mit einem Versuch in Berlin und startet offiziell im Jahr 2004 mit der Umstellung der Region Hannover. Zum Vergleich: Das analoge Kabelfernsehen hatte sich zuvor etwa 70 Jahre als Standard gehalten – DVB-T im schlimmsten Falle nicht einmal 9 Jahre.

Offizieller Grund für die Umstellung ist das verbesserte Kompressionsverfahren „HEVC“, welches nun auch die Übertragung von HD-Fernsehen ermöglichen soll. Umweltverbände – so auch der HLKV – sind jedoch davon überzeugt, dass knallharte wirtschaftliche Interessen der eigentliche Grund für die Umstellung sind, zumal auch auf eine Abwärtskompatibilität zu dem bisherigen DVB-T Standard kategorisch verzichtet wurde. So sind ab heute auch nur noch öffentlich-rechtliche Sender kostenfrei zu empfangen – für den Empfang von Privatsendern fallen jetzt jährlich knapp 70 Euro Gebühren an – zusätzlich zum Neuerwerb der notwendigen Empfangsgeräte. Zudem nimmt der Staat durch die Versteigerung von frei werdenden Frquenzen 5 Mrd. Euro ein.

„Eine fatale Politik,“ so Andreas Fritzsche, Vorstand des HLKV. „Politische Entscheidungen wie diese sind absolut nicht zu rechtfertigen: Hier wird die Umwelt zugunsten einer sehr überschaubaren TV-Industrie und der Staatskasse ohne Not belastet. Herstellung und Transport von notwendigen Neugeräten, sowie Entsorgung der nun funktionslos gewordenen Altgeräte sind evident erheblich umweltschädlich. Auch steht zu befürchten, dass Altgeräte vermehrt ihren Weg nach Afrika finden, wo sie unter katastrophalen Umständen für Mensch und Umwelt auf offenen Müllhalden „verwertet“ werden. Dass die Verbraucher in diesem Spiel keine Wahl haben und mit ganz erheblichen Kosten belastet werden, kommt erschwerend hinzu. Ich fordere die Parteien auf, für eine nachhaltige Politik zu sorgen und dem Schutz der Umwelt auch gegen Lobbyinteressen klaren Vorrang einzuräumen.“