Hamburger Lärmaktionsplan: Enttäuschung!

Hamburg Airport Fluglärm
Hamburger Lärmaktionsplan versagt beim Fluglärm

Der Lärmaktionsplan, den Hamburg 2013 aufgrund der EU-Umgebungslärmrichtlinie erstellt hatte, wurde jetzt von der EU zur Überprüfung aufgerufen.
In Hamburg besteht erheblicher Handlungsbedarf hinsichtlich besonderer Lärmbelastung durch den Stadtflughafen Hamburg.  Durch die zahlreichen Starts und Landungen von mehr als 158.000 Flugbewegungen pro Jahr, teilweise im Minutentakt,  werden  die Empfehlungen der WHO (Weltgesundheitsorganisation) für Siedlungsgebiete um mehr als 100.000% (Faktor 1000) bezogen auf die Schallenergie überschritten.

Beispielsweise lag der Lärmwert  beim Landeanflug eines Ferienfliegers um 22:48 h, also in der besonders zu schützenden Nachtzeit mit 90 dB an der Messstelle M7 am Kortenkamp um mehr als 30 dB über den WHO-Richtlinien, die in Siedlungsgebieten maximal  60 dB Spitzenschall und 45 dB LAeq erlauben! In den näher am Flughafen liegenden Wohn­gebieten wurde der von der WHO empfohlene Spitzenschall­pegel sogar um ca. 50 dB übertroffen – bezogen auf die Schallenergie ist das eine Überschreitung um 10.000.000% (Sie haben richtig gelesen – zehn Millionen Prozent). Dieses ist Hamburgs alltägliche Realität.

In Hamburg finden täglich ca. 100 Nachtflüge (bezogen auf die notwendige Nachtruhe von Kindern) statt, die die WHO-Empfehlungen ähnlich drastisch überschreiten, davon ca. 25 und mehr in der gesetzlichen Nachtruhezeit ab 22 Uhr.
Bei Sturm  und Orkan wird es noch lauter mit Einzelschallpegeln von z.T. 95 dB(A), wenn  Piloten Vollgas geben, um ihr Fluggerät zu stabilisieren oder durchzustarten, um die Passagiere nicht zu gefährden. Bei derartigen Wetterlagen würde eine  verantwortungsvolle Aufsichts­behörde den Stadtflughafen schon aus Sicherheitsgründen schließen und die Flugzeuge zu sicheren Flughäfen umleiten.

Nicht so in Hamburg!

Auch tagsüber ist es in Hamburg wesentlich lauter als die WHO empfiehlt, nämlich um ca. 15 dB, abends 17 dB, nachts 13 dB! Die Überschreitungen des zuträglichen Lärms für Kinder sind  teilweise noch erheblich höher. Da die dB-Skala logarithmisch ist, sehen diese Zahlen sogar harmloser aus als sie sind. Tatsächlich finden tagsüber 31,62 mal so viele Flüge wie von der WHO empfohlen statt, nachts sogar 50,12 mal so viele.

Vollmundig hat Flughafenchef Eggenschwiler eine Pünktlichkeit­soffensive angekündigt. Das Ergebnis zeigte sich am 5. Juni: von 29 Nachtflügen waren gerade einmal vier pünktlich (14% Pünktlichkeits­quote). Allein die Nachtflug­verspätungen dieser einen Nacht summierten sich auf 28 Stunden und 50 Minuten.
Der Senat hat mit jedem Bebauungsplan „gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse“ zugesichert. Doch mit seiner Luftverkehrspolitik macht er diese zunichte.
Es ist noch nicht lange her, da verkündete der Flughafenchef Eggenschwiler, keine Billig-flieger nach Hamburg zu locken. Heute verlärmen nicht nur Easyjet, Emirates, Vueling, Germanwings und Eurowings Hamburg zunehmend, nun expandiert auch noch Ryanair (das ist die Fluglinie mit dem schießwütigen Chef).

Neue Fluglinien werden mit Rabatten angeworben – nicht etwa auf die Grundentgelte, sondern ausgerechnet auf das lärmabhängige Landeentgelt, das eigentlich für leisere Flugzeuge sorgen sollte. Dabei ist auch Senat und Flughafen klar, dass das Fluggerät der Low Cost Carrier für Tiefflüge unter 300 m in Stadtgebieten völlig ungeeignet ist. Dass Hamburg einen Masterplan Klimaschutz hat, wurde beim dem Rabattprogramm übrigens auch vergessen: Es gibt bis heute kein Monitoring der Klimafolgen des Werbeprogramms (klar, denn alleine das Rabattprogramm verursacht so viel Klimaschaden wie alle Hamburger Bürger zusammen, wenn sie nicht gerade fliegen).

Das Bewusstsein für die Notwendigkeit von  Gesundheits­schutz  vor Fluglärm ist bei  den staatlichen Stellen und den verantwortlichen Entscheidern in Politik und Wirtschaft noch  deutlich entwicklungsbedürftig. So weigern  sich Hamburger Wirtschaftsbehörde und Flughafen bislang, überhaupt das Ziel einer aktiven Lärmminderungspolitik für den Flugverkehr in Hamburg anzuerkennen.
In der Regierungserklärung hat der Senat den „stadtverträglichen Flughafen“ angekündigt und damit auch die Einhaltung der WHO-Empfehlungen zugesichert. Von der Umsetzung dieses Versprechens ist er weiter entfernt als Hamburg von Tuvalu.

Was wir brauchen, ist

  • eine Festlegung klarer Grenzwerte für Siedlungsgebiete aufgrund der WHO-Empfehlungen
  • eine  Priorität des aktiven Lärmschutzes,
  • Berücksichtigung der besonderen Schutzbedürftigkeit von Kindern, kranken und alten Menschen,
  • unabhängige staatliche Instanzen zur Sicherstellung des Gesundheitsschutzes,
  • die Pflicht zur ständigen Lärmminderung.

Gastbeitrag, mit freundlicher Genehmigung von Gebhard Kraft, 1. Vorsitzender Notgemeinschaft der Flughafenanlieger, Margarete Hartl-Sorkin, 1. Vorsitzende BIG Fluglärm-Hamburg e.V. , http://www.big-fluglaerm-hamburg.de